Humboldt-Universität zu Berlin - Lebenswissen­schaftliche Fakultät - Institut für Psychologie

ALISA

ALISA - Adaptive Lernumgebung zur Interaktiven Systemnutzung Älterer - Homepage

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Mitarbeiter - / Kontakt
Überblick zum Projekt
Forschungsansatz
Aktuelle Studienprojekte und Diplomarbeiten
Teilnehmer gesucht!


Mitarbeiter/Kontakt



Doreen Struve
Michael Sengpiel

Überblick zum Projekt

In dem beantragten Projekt soll untersucht werden, durch welche Maßnahmen im Bereich von Training und Arbeitsmittelgestaltung ältere Personen bei der Nutzung von interaktiven Systemen unterstützt werden können. Wir gehen davon aus, dass ältere Personen sich altersrollenkonform verhalten und besondere Probleme mit dem Einstieg in die Nutzung neuartiger technischer Systeme haben, jedoch nach dem Überwinden einer Schwelle annähernd so gut wie Jüngere mit einem System interagieren können. Um das Überwinden dieser Schwelle leicht zu machen, sollte sie möglichst niedrig gehalten werden. Hier setzt das Projekt an: Die Schwellenreduktion erfolgt zum einen auf der Basis der Selektions-Optimierungs-Kompensations-Theorie aus der kognitiven Altersforschung, zum anderen durch das sozialpsychologisch begründete Lernen am Modell. Als Untersuchungsgegenstand für die Experimente dient ein simulierter Fahrscheinautomat. Zu Fahrscheinautomaten gibt es psychologisch-ergonomische Voruntersuchungen, sie sind leicht zugänglich und gut simulierbar. Die Untersuchungen werden so angelegt, dass es möglich wird, durch Trainings- und Gestaltungsmaßnahmen (im Sinne eines transgenerational design) Kohorteneffekte von echten Alterseffekten zu trennen. Deshalb werden nicht nur ältere, sondern auch jüngere Probanden untersucht.

Projektdauer: 01.12.05 – 30.11.07, Verlängerung um zwei Jahre beantragt
Zeitlicher Überblick
Zeitplan Projektphase 1
Zeitplan Projektphase 1

Zeitplan Projektphase 2

Forschungsansatz

Ziel des Projektes ist es, über adaptive Gerätesimulationen und Videosequenzen die Nutzungsschwelle für ältere Benutzer zu reduzieren. Die theoretische Basis hierfür bilden zum einen die Selektion-Optimierung-Kompensations-Theorie aus der kognitiven Altersforschung (Baltes), zum anderen das sozialpsychologisch begründete Lernen am Modell (Bandura).
Als Untersuchungsgegenstand für die experimentellen Settings soll ein Fahrscheinautomat dienen. Die Experimente sollen dabei so angelegt werden, dass altersunspezifische Effekte der Trainings- und Arbeitsmittelgestaltung von alterspezifischen Effekten getrennt erfasst werden können.

Erste Vorarbeiten und Ergebnisse

Analyse des BVG-Automaten

ATN (zip)
Cognitive Task Analysis nach GOMS (pdf)
Cognitive Walkthrough Teil 1 (pdf)
Cognitive Walkthrough Teil 2 (pdf)

entwickelte Fragebögen

Einstellung und Selbstwirksamkeit (pdf)
Computer Literacy (pdf)

Lernumgebung

Drehbuch (pdf)
Lernaufgabe (ppt)

Voruntersuchung

Ergebnisse (ppt)

Forschungshintergrund

Altersaufbau 2050 für Deutschland
Durch die Erhöhung der Lebenserwartung sowie den demografischen Wandel, ist in den nächsten Jahrzehnten mit einer Veralterung der Gesellschaft zu rechnen. „Im Jahr 2050 wird jeder dritte Deutsche 60 Jahre oder älter sein.“ (Statistisches Bundesamt, 2003)

Gleichzeitig ist eine rasante Zunahme an technischen Geräten in Alltags- und Berufsumfeld zu verzeichnen: Automaten zur Erledigung von Bankgeschäften oder zum Kauf von Fahrkarten, Handys, das Internet oder die Arbeit am PC bestimmen unser Leben.
Ältere Personen haben oft Schwierigkeiten im Umgang mit diesen neuen Technologien, ja sie meiden sie sogar soweit es möglich ist. Dies ist zumeist darauf zurückzuführen, das Senioren oft über eine geringe „computer literacy“ verfügen oder sich altersrollenkonform verhalten. Oft wird von älteren Menschen geäußert, dass sie sich zu alt fühlen, um interaktive Systeme zu bedienen oder ihre Konzepte zu verstehen. Haben sich Ältere dennoch überwunden mit der Technik zu interagieren, so passiert es nicht selten, dass sie Ihre Ziele nicht erreichen und aufgrund schlechter Erfahrungen aus den Interaktionen die Technik weiterhin meiden.

Dennoch sind ältere Menschen zunehmend auf Techniknutzung im alltäglichen Leben angewiesen, wie etwa bei der Benutzung von Bank- oder Fahrscheinautomaten. Immer mehr Filialen und Service-Center werden geschlossen, an ihre Stelle treten Online-Geschäfte oder Automaten. Ausweichmöglichkeiten oder Alternativen nehmen ab und eine unabhängige Lebensführung wird in diesen Bereichen schwieriger.

Voruntersuchungen

Beobachtungen am Bahnhof

Um einen Einblick zu erhalten, welche Personen etwa den DB Fahrscheinautomaten nutzen und wie diese Interaktionen verlaufen, wurden im letzten Jahr Beobachtungen auf verschiedenen Bahnhöfen in Berlin durchgeführt. Erfasst wurde dabei verschiedene Aspekte, unter anderem das Alter der Nutzer (geschätzt) und Anzeichen von

  • Unsicherheit (am Kopf kratzen, mehrmalige Eingaben und Korrekturen, Orientierungslosigkeit etc.)
  • Nachdenken (am Kopf kratzen, mit dem Finger mitlesen, laut mitlesen etc.)
  • Ärger (Schimpfen, Kopfschütteln, Fluchen etc.).

Die Automatenbedienung wurde über die Zeit in eine Orientierungs-, Interaktions- und Zahlungsphase eingeteilt, Abbrüche und Neustarts wurden auch registriert.
Die Beobachtungen ergaben, dass meist Jüngere die Automaten nutzen, nur 14 Personen über 50 Jahre versuchten ein Ticket am Automaten zu erwerben.

Altersverteilung der Benutzer von Fahrkartenautomaten
Abbildung 3: Altersverteilung der Benutzer von Fahrkartenautomaten

Es wurde festgestellt, dass 38,3 % aller beobachteten Kunden die Interaktion mit dem Automaten abbrechen und 40 % den Vorgang mindestens einmal neu starten mussten. Dies zeigt, dass die Bedienung des Automaten nicht einfach und intuitiv ausgeführt werden konnte.

Aus der Analyse der Nutzungszeiten ging hervor, dass für die Interaktion mit dem System die meiste Zeit benötigt wurde. Durchschnittlich dauert ein Fahrscheinkauf am Automaten etwa 262 Sekunden, also 4,5 Minuten.

Es war zu beobachten, dass junge und alte Menschen immer noch die Verkaufsschalter mit persönlichem Kontakt beim Fahrscheinkauf bevorzugen. Auf dem Berliner Bahnhof Zoo beispielsweise konnten lange Warteschlangen vor dem Service-Center beobachtet werden. Es wird vermutet, dass dies zum einen an der schwierigen Automatennutzung liegt, zum anderen an mangelndem Vertrauen in die Technik und auch in sich selbst, solch ein System nutzen zu können. Dabei scheuen gerade Ältere die Benutzung neuer Technologien. Es ist daher Ziel unseres Projektes, diese Nutzungsschwelle zu senken, Ängste vor der Technik abzubauen und Menschen für den Umgang mit Automaten zu schulen.

Cognitive Walkthrough

Mit Hilfe des Cognitive Walkthrough soll zunächst durch einen Experten eingeschätzt werden, wie leicht sich die Bedienung eines Fahrscheinautomaten erlernen lässt. Ziel ist es, Bedienprobleme und kritische Interaktionsstellen aufzudecken und ihre Gründe zu analysieren. Dazu werden häufige, aber auch sehr kritische Aufgaben vorgegeben, auf deren Grundlage die Interaktion des Benutzers simuliert wird. Für jede Aufgabe sind die richtigen Lösungswege schon bekannt. Der Experte sollte nun für jeden Interaktionsschritt folgende 4 Fragen beantworten:

•    Werden die Benutzer versuchen den richtigen Effekt zu erzielen?
•    Bemerken die Benutzer, dass die korrekte Aktion verfügbar ist?
•    Assoziieren die Benutzer die richtige Aktion mit dem angestrebten Effekt?
•    Verstehen die Benutzer das ausgegebene Feedback, wenn die korrekte Aktion vollführt ist?

Die Resultate dieser Analysen fließen anschließen in das Design der Lernumgebung ein. Schwierige Interaktionen können so gezielt geübt werden und komplexe Arbeitsschritte in Teilschritte aufgegliedert werden, um den Arbeitsaufwand des Gedächtnisses zu entlasten.

Kooperationspartner

Unsere wissenschaftlichen Untersuchungen führen wir zusammen mit verschiedenen Unternehmen durch, die Serviceautomaten im öffentlichen Raum betreiben. Für die Erstellung unserer Lernumgebung werden real existierende Systeme verwendet.

Da wir besonderen Fokus auf Fahrscheinautomaten legen kooperieren wir mit

•    Der Deutschen Bahn AG,
•    Der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) und
•    der ODEG (Ostdeutsche Eisenbahn AG)

Eine weitere Kooperation besteht mit der Siemens AG für das Produkt Packstation.

Arbeitsmittel

Squeak

Für die Erstellung der Simulation verwenden wir SQUEAK, eine ursprünglich von Alan Kay und Dan Ingalls entwickelte Programmierumgebung. Sie beruht auf der Sprache Smalltalk und verfolgt den Ansatz der Objektorientierung. SQUEAK wurde ursprünglich in einem pädagogischen Kontext für Schüler entwickelt. Das Erstellen von Simulationen ist in einer solchen Umgebung leicht zu erlernen, zudem steht die benötigte Software als Open Source Produkt jedem kostenfrei zur Verfügung.
Weitere Informationen zu SQUEAK finden Sie unter:

www.squeak.de
www.squeak.org
www.squeakland.org

Lernvideo

Für das Erlernen der Bedienvorgänge werden Instruktionsvideos produziert, die anschaulich die Interaktionen mit dem Fahrscheinautomaten Schritt für Schritt vermitteln sollen.

Videos eignen sich besonders gut als Lernmedien, da dynamische Abläufe und Prozeduren aufgezeigt werden können. Zudem ist es möglich, durch gezielte Fokussierung und Zoomtechniken die Aufmerksamkeit zu gelenken und den Zuschauer über direkte Ansprachen zu motivieren. Älteren Menschen kann auf diesem Wege eine parasoziale Unterstützung angeboten werden, indem Personen ihrer Altersgruppe die zu lernenden Handlungsweisen am Fahrscheinautomaten vorführen. Durch das Bereitstellen visueller Anhaltspunkte werden zusätzlich ablaufende Denkprozesse erleichtert, die das Problemlösen und Behalten von Konzepten unterstützen.

Über Videoaufnahmen kann dem Lernenden auch Feedback über sein eigenes Verhalten gegeben werden. Es wird ersichtlich, wo genau Fehlerquellen in eigenem Handeln liegen und wie man sich richtig verhalten sollte, um sein Ziel zu erreichen.

Aktuelle Studienprojekte und Diplomarbeiten

Diplomarbeiten

Susan Butenhof: Der Fahrkartenautomat der Deutschen Bahn AG: Analysen zu Usability-Problemen unter besonderer Berücksichtigung älterer Benutzer (abgegeben Dez. 2006)

Denise Gramß: Lernen am sozialen Modell bei der Benutzung von Automaten durch ältere Personen (abgegeben Dez. 2006)

Dörte Wackenhut: Lernen aus Fehlern, eine Hilfe für ältere Benutzer einer Lernunterstützung

Diana Dittberner: Untersuchung zur Reduzierung der erforderlichen Computer Literacy am BVG Automaten

Studienprojekte

Johanna Cuno und Daniela Heise: experimentelle Erfassung der Nutzungsschwelle bei Senioren

offene Projekte:

Teilnehmer gesucht

Für unsere Untersuchungen suchen wir ständig Senioren über 60 Jahre, die Interesse haben, an spannenden Experimenten teilzunehmen und dabei einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Benutzbarkeit von Fahrkartenautomaten zu leisten.
Zusätzlich suchen wir auch interessierte Jüngere für unsere Vergleichsgruppen.
Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail mit „Versuchsperson“ im Betreff oder rufen Sie uns an (siehe Kontakt).
Für Ihre Teilnahme erhalten Sie eine Aufwandsentschädigung von 8 Euro/ Stunde.  
Wir freuen uns über Ihre Unterstützung!


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