Forschungsvorhaben
In traditionellen Theorien der Sprachforschung wird angenommen, dass Wörter als arbiträre Bezeichnungen für Konzepte diesen, also willkürlich gewählt werden können. Im Prinzip haben wir absolute Freiheit, wie wir Dinge benennen. Tatsächlich werden Bezeichnungen jedoch immer in einem bestimmten sprachlichen, historischen und sozialen Kontext gewählt, was diese Auswahl beeinflusst und und einschränkt: Zum Beispiel legt die Existenz des Wortes "Telefon" nahe, ein tragbares Telefon als "Mobiltelefon" zu bezeichnen (dieses Beispiel zeigt auch, dass wir als Sprachgemeinschaft vielleicht nicht immer das naheliegendste oder ersichtlichste Wort wählen: im Deutschen ist das Wort "Handy" erfolgreicher).
Auf der anderen Seite ziehen Bezeichnungen fast immer bestimmte Assoziationen oder Bewertungen mit sich: Das deutsche "Völkerwanderung" beschreibt an sich exakt das gleiche Konzept wie das italienische "invasione barbariche". Doch der Name scheint hier nicht irrelevant zu sein: Ist das beschriebene Konzept etwas Gutes oder Schlechtes? Was für Leute sind hier unterwegs? Was tun sie? Schon dieses Beispiel legt nahe, dass die (an sich willkürliche) Benennung von Dingen Auswirkungen auf ihre Wahrnehmung und Einschätzung haben kann.
Unser Projekt zielt darauf ab, eine umfassende kognitive Theorie für die Auswahl und Auswirkungen von Bezeichnungen zu etablieren: Warum wählen Sprecher bestimmte Namen, um (neue) Konzepte zu beschreiben, und wie beeinflussen diese Namen die Wahrnehmung und Bewertung dieser Konzepte? Zur Untersuchung dieser Fragestellung kombinieren wir dabei komputationelle Modellierungstechniken aus dem Bereich der Computerlinguistik mit empirischen Methoden der experimentellen Psychologie.
Das Projekt in der GEPRIS-Datenbank der DFG
Team
Ehemalige Mitglieder
Vasilisa Pugacheva, M.Sc. (ehem. Masterstudierende)
Dr. Daniele Gatti (ehem. Gastwissenschaftler)
Andrea de Varda, M.Sc. (ehem. Gastwissenschaftler)
Projektbezogene Publikationen
- De Varda, A., Gatti, D., Marelli, M., & Günther, F. (2024). Meaning Beyond Lexicality: Capturing Pseudoword Definitions with Language Models. Computational Linguistics, Advance online publication.
- Pugacheva, V., & Günther, F. (2024). Lexical choice and word formation in a taboo game paradigm. Journal of Memory and Language, 135, 104477.
- Gatti, D., Raveling, L., Petrenco, A., & Günther, F. (2023). Valence without meaning: investigating form and semantic components in pseudowords valence. Psychonomic Bulletin & Review, Advance online publication.