Humboldt-Universität zu Berlin - Lebenswissen­schaftliche Fakultät - Institut für Psychologie

Aktuelle Forschungsprojekte

DFG-Projekt Selbstaufwertung und Religiosität (2013-2016)

 

(Jochen E. Gebauer)

 

Selbstaufwertung und Religiosität sind zentrale menschliche Phänomene. Doch wie sind diese beiden Phänomene miteinander verbunden? Weltreligionen beschreiben Selbstaufwertung als etwas Nicht-Religiöses. Sie glauben, dass Religiosität Selbstaufwertung versiegen lässt. Wäre dies der Fall, dann müsste man an der Existenz eines universellen Selbstwertbedürfnisses zweifeln, da Selbstaufwertung als Ausdruck von Selbstwertstreben gilt. Somit wird das Thema Selbstaufwertung und Religiosität relevant dafür, ob Selbstwert ein psychologisches Bedürfnis ist. Das Thema erlaubt zudem Rückschlüsse auf die Universalität vieler Selbstkonzepttheorien, die von einem Bedürfnis nach Selbstwert ausgehen. Außerdem liefert das Thema Informationen zur Tauglichkeit von Techniken zur Eindämmung von Selbstaufwertung. Unser Forschungsprogramm ist das Erste zu Selbstaufwertung und Religiosität: (1) Eine große interkulturelle Analyse zum Zusammenhang zwischen Religiosität und Selbstwert (Gebauer, Sedikides, Bleidorn, Gosling, Rentfrow, & Potter, in prep) soll das Self-Enhancement Increases Religiosity Modell (Gebauer, Sedikides, & Neberich, 2012; Sedikides & Gebauer, 2010) weiter validieren. (2) Experimentelle Entsprechungen dieser interkulturellen Analyse sollen die kausalen Annahmen des Modells testen. (3) Eine dreiwellige Längsschnittstudie soll einen komplementären Effekt von Religiosität auf religiöse Selbstaufwertung untersuchen und religiöse Selbstaufwertung als Prozess etablierter Religiositätseffekte testen. Diese Forschung ist somit relevant für die Universalität von Selbstaufwertung und deren Implikationen. Sie ist zudem relevant für eine Schlüsselfrage der Religionspsychologie: Warum ist Religiosität so weit verbreitet?

 

 

 

DFG-Projekt Empathische Reaktionen auf den emotionalen Gesichtsausdruck älterer Menschen (2011-2014)

(Ursula Hess, Jens B. Asendorpf, Katja Werheid, HU Berlin)

 

Empathie (das Verständnis der Emotionen anderer und adäquate Reaktionen hierauf) ist eine zentrale Komponente der menschlichen Interaktion. Es gibt jedoch viele Hinweise darauf, dass in Interaktionen zwischen jungen und älteren Erwachsenen Empathie reduziert ist, sowohl bezogen auf das Verständnis der Emotionen anderer als auch auf die Reaktionen hierauf. Missverständnisse in der Emotionskommunikation bedeuten aber, dass derartige Interaktionen von beiden Seiten als weniger angenehm und bestätigend erlebt werden, und das Interesse an einer weiteren Fortsetzung oder Wiederholung solcher Interaktionen nachlassen kann. Das hat potenziell weitreichende Folgen, z.B. für Arzt-Patient Interaktionen, Therapeut-Klient-Interaktionen, Interaktionen mit Verwaltungspersonal oder mit Sozialarbeitern und Interaktionen mit Geschäftskunden. In all diesen Fällen kann es schädlich sein, wenn der emotionale Inhalt der Äußerungen älterer Menschen missverstanden oder ignoriert wird. Das beantragte Vorhaben zielt darauf, diese potenziellen Probleme in Interaktionen zwischen Jung und Alt besser zu verstehen, indem empathische Reaktionen junger Menschen auf den Emotionsausdruck älterer Menschen als Funktion der Sozialität des Ausdrucks und interindividueller Unterschiede in Empathie und Einstellungen zu alten Menschen untersucht werden. Sekundär sollen der Einfluss von Affiliationsmotivation auf Empathie und die empathischen Reaktionen älterer Menschen selbst untersucht werden.

 

 

Der Alltagsglaube bezüglich moralischer Charaktereigenschaften beeinflusst moralische Charaktereigenschaften:
Persönlichkeitsunterschiede im Glauben an die Existenz genuiner Nächstenliebe.

(Jochen E. Gebauer, Humboldt-Universität zu Berlin; Constantine Sedikides, University of Southampton, UK; Mark R. Leary, Duke University, US; Jens B. Asendorpf, Humboldt-Universität zu Berlin)

 

Entspringen moralische Charaktereigenschaften einem genuinen Interesse am Wohlergehen anderer oder sind moralische Charaktereigenschaften lediglich Mittel zu selbstdienlichen Zwecken?  In anderen Worten, basieren moralische Charaktereigenschaften auf genuiner Nächstenliebe oder auf zugrundeliegender Selbstliebe?  Seit Aristoteles 350 vor Christus die Dichotomie von "Nächstenliebe" und "Selbstliebe" geprägt hat zieht sich diese Frage durch die Philosophie und die Sozial- und Verhaltenswissenschaften.  Dieses Projekt geht über die schwer fassbare Frage hinaus, ob es genuine Nächstenliebe tatsächlich gibt und beschäftigt sich stattdessen mit der empirisch testbaren Frage nach Persönlichkeitsunterschieden im subjektiven Glauben an die Existenz genuiner Nächstenliebe.

Wir erwarten, dass der subjektive Glaube an die Existenz genuiner Nächstenliebe wichtige Konsequenzen für das menschliche Denken, Fühlen und Handeln hat.  Im besonderen gehen wir davon aus, dass der subjektive Glaube an die Existenz genuiner Nächstenliebe moralische Charaktereigenschaften und moralisches Verhalten fördert.  Darüber hinaus untersuchen wir Prävalenz und Ursachen des subjektiven Glaubens an die Existenz genuiner Nächstenliebe.  Ähnlich wie der Glaube an Gott, gehen wir davon aus, dass der Glaube an die Existenz genuiner Nächstenliebe kulturell universell ist und von selbstdienlichen Motiven motiviert wird (Gebauer & Maio, in press; Sedikides & Gebauer, 2010).

 

 

Das eDarling Projekt

(Jochen E. Gebauer, Humboldt-Universität zu Berlin und Wiebke Neberich, Affinitas GmbH)

 

eDarling ist eine der größten Online-Partnervermittlungen in Europa. Das eDarling Projekt an der Humboldt-Universität zu Berlin nutzt den eDarling Datensatz (Gebauer & Neberich, 2011), einen Datensatz, der über 180.000 Online-Dater(innen) aus 11 europäischen Ländern beinhaltet. Mit dem eDarling Datensatz lassen sich unterschiedlichste Fragestellungen untersuchen. Zum Beispiel zeigt sich ein Effekt von unbeliebten deutschen Vornamen (z.B., Kevin oder Chantal) auf soziale Ausgrenzung und Desinteresse im Online-Dating Kontext (Gebauer, Leary, & Neberich, 2012). Außerdem untersuchen wir den Zusammenhang zwischen Religiosität und psychischem Wohlergehen in religiösen Ländern (z.B. der Türkei) im Vergleich zu atheistischen Ländern (z.B. Schweden) (Gebauer, Sedikides, & Neberich, 2012). Eine weitere Untersuchung befasst sich mit den Determinanten sexueller Lust über die Lebensspanne (Gebauer & Neberich, 2011). Ergebnisse dieses Projekts werden nicht nur in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert, sondern auch in allgemeinverständlicher Weise auf dem eDarling Science of Love.

 

 

 

Nacherhebung der LOGIK-Studie (2009-2011)

(J.J.A. Denissen, Roos Hutteman & J. B. Asendorpf, HU Berlin; M.A.G. van Aken & B. Völker, Utrecht University)

In der von der Max-Planck-Gesellschaft geförderten Münchner Longitudinalstudie zur Genese individueller Kompetenzen (LOGIK) wurden 230 Kinder im Großraum München ab ihrem Eintritt in den Kindergarten im Alter von 3-4 Jahren neun Jahre lang mehrmals jährlich untersucht (1984 -1993) und in Nacherhebungen 1998 und 2004 noch einmal im Alter von 17 bzw. 23 Jahren. Das Projekt versucht, aus den Persönlichkeitserhebungen im Kindesalter die weiteren Entwicklungsverläufe bis ins Erwachsenenalter hinein vorherzusagen, was inzwischen mit gutem Erfolg gelungen ist ( Asendorpf & van Aken, 2003a; Asendorpf & van Aken, 2003b; Asendorpf & Denissen, 2006; Denissen, Asendorpf & van Aken, 2008; Asendorpf, Denissen & van Aken, 2008, Hutteman, Denissen, Asendorpf & van Aken, 2009).

In der weiteren, von der Fritz Thyssen Stiftung geförderten Nacherhebung 2010 wurden die LOGIK-Teilnehmer nochmals im Alter von 29-30 Jahre nach ihrer weiteren Entwicklung seit 2004 internetbasiert befragt. Die Daten werden derzeit ausgewertet.

 

 

DFG-Projekt Distanzregulation in Partnerschaften (2007-2010)

(J.B. Asendorpf & W. Neberich, HU Berlin; F.J. Neyer & B. Hagemeyer, FSU Jena)

In Deutschland nehmen nichtkonventionelle Partnerschaftsformen stark zu. Neben dem gemeinsamen Zusammenleben in einem Haushalt haben sich heterogene Formen des getrennt Zusammenlebens ("living apart together", LAT) entwickelt. Während LAT im jungen Erwachsenenalter meist eine (oft beruflich bedingte) Vorstufe zum gemeinsamen Zusammenleben ist, etabliert sich LAT im mittleren Erwachsenenalter zunehmend als eigenständige Partnerschaftsform. Hierdurch nimmt die Individualisierung der Partnerschaftsform weiter zu, nicht nur hinsichtlich der räumlichen Distanz, sondern auch hinsichtlich ihrer Überwindung durch Kommunikation: Paare zeigen typische Formen der Distanzregulation. Das Vorhaben soll Formen der Distanzregulation in Partnerschaften ganz allgemein beschreiben, Instrumente zu ihrer empirischen Erfassung entwickeln, Bedingungen in der Persönlichkeit und den Beziehungserfahrungen beider Partner identifizieren und Konsequenzen auf die Partnerschaftsqualität untersuchen, insbesondere hinsichtlich Sexualität und Bindung.

Erste Ergebnisse wurden in einer Internetstudie an über 2000 Personen gewonnen, in der sich zeigte, dass nach Kontrolle von Alter, Beziehungsdauer und Kinderzahl LAT-Partnerschaften im Vergleich zu zusammenlebenden Partnern durch stärkere sexuelle Leidenschaft aber erhöhte Bindungsunsicherheit und häufigere Seitensprünge gekennzeichnet sind ( Asendorpf, 2006).

Weitere Ergebnisse zu LAT-Beziehungen wurden aus Analysen vorliegender Daten des Sozio-oekonomischen Panels  des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gewonnen. In dieser repräsentativen Längsschnittstudie für Deutschland (ca. 23 000 Befragte pro Jahr) können ab 1992 in Gesamtdeutschland LAT-Beziehungen von zusammenwohnenden Paaren unterschieden werden. Diese Analysen ergaben (a) LAT hat historisch zugenommen; (b) LAT nimmt bis zum Ende der weiblichen Reproduktionsphase (40 Jahre) ab; (c) ist danach eher eine eigenständige Lebensform ohne nachfolgendes Zusammenwohnen; und (d) ist in allen Altersgruppen instabiler als Zusammenwohnen (Asendorpf, 2008).

In der Hauptstudie des Projekts wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Franz J. Neyer, Universität Jena, 611 Paare im Alter (der Frau) von 18-69 Jahren in einem großstädtischen Ballungsraum (Berlin) und in überwiegend katholisch geprägten Landkreisen (Niedersachsen) untersucht, wobei die Paare nach 1 Jahr nochmals nachbefragt wurden. Mit der Wahl der Projektstandorte werden regionalen Unterschieden in der Individualisierung partnerschaftlicher Lebensformen und damit verbundenen unterschiedlichen Kontextbedingungen partnerschaftlicher Distanzregulation Rechnung getragen. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich drei zentrale Motive der Nähe - Distanz - Regulation (Wunsch nach Affiliation, nach Alleinsein und nach Nähe zum Partner) durch kurze Skalen mit hoher konvergenter und diskriminanter Validität erfassen lassen (Hagemeyer, Neyer, Neberich & Asendorpf, in Druck). Weitere Publikationen zu einem integrativen Modell der Nähe - Distanz - Regulation sind in Vorbereitung.

Das Projekt wurde begleitet von einem Dissertationsvorhaben. Fanny Jimenez, Stipendiatin der International Max Planck Research School  LIFE untersuchte mit ähnlicher Methodik Bindung und Distanz in Fernbeziehungen, in denen die Partner weit entfernt voneinander wohnen (Jimenez & Asendorpf, 2010).

 

 

 

Akkulturation von Immigranten in Griechenland (2009-)

(Frosso Motti-Stefanidi, Universität Athen; Ann S. Masten, University of Minnesota, USA; Jens B. Asendorpf)

Im Projekt Athena Studies of Resilient Adaptation(AStRA) wird die Akkulturation von Immigranten in Griechenland untersucht, u.a. auf der Basis einer umfangreichen Längsschnittstudie, die griechische mit expatriiert-griechischen und albanischen Schülern vergleicht. Der deutsche Beitrag besteht in der statistischen Analyse der Daten mit Dreiebenenmodellen (Zeitpunkt, Individuum, Schulklasse) und der Mitwirkung bei Publikationen (Motti-Stefanidi, Asendorpf & Masten, 2012; Motti-Stefanidi & Asendorpf, 2012; Reitz, Motti-Stefanidi & Asendorpf, in press; Motti-Stefanidi, F., Masten, A. S., & Asendorpf, J. B., in press) sowie Beantragung weiterer Projekte.