Geschichte und Tradition
Anfänge
An der
Humboldt-Universität zu Berlin, wird seit über 40 Jahren an
ingenieurspsychologischen Fragestellungen geforscht. Mit dem Antritt
von Friedhart Klix als Institutsdirektor 1961 gewann die
Ingenieurpsychologie an Stellenwert. Dies zeigte sich darin, dass der
Dipl.Ing. Klaus-Peter Timpe ihre Leitung übernahm. Ein erster
Meilenstein war die Konferenz "Ingenieurpsychologie" am 11. und 12.
November 1965 am Institut für Psychologie. Die Herausgeber des 1966
erschienen Tagungsbandes Friedhart Klix, Joachim Siebenbrodt und
Klaus-Peter Timpe schreiben im Vorwort:
Der Tagungsverlauf und die nachfolgende Resonanz ließen erkennen, dass
die ingenieurpsychologischen Fragen der Optimierung des
Informationsaustausches in modernen Mensch-Maschine-Schnittstellen
bereits in vielen Bereichen der Wirtschaft eine Rolle spielen und nach
fachlicher Klärung verlangen.
Beiträge zur theoretischen Grundlegung und zum Entwurf einer
Systematik des Gesamtgebietes sind dazu ebenso wichtig wie empirische
Sondierungsarbeiten in Betrieben und experimentelle Analysen in
Laboratorien.
Die günstigsten Bedingungen zur Steuerung und Überwachung komplex
automatisierter Maschinensysteme durch die Operateure in Mess- und
Schaltwarten, an Blockleitständen oder Walzstraßen, auf
Schiffskommandobrücken, an Flugsicherungsanlagen oder
Verkehrsleiteinrichtungen, in Dispatcherzentralen oder an Taktstraßen,
in Datenverarbeitungs- oder Förderanlagen zu schaffen, ist das Ziel
solcher Untersuchungen. Das Ziel der Ingenieurpsychologie ist es,
technische Systeme so zu gestalten, dass sie von Menschen schnell,
sicher und mit vertretbarem Aufwand beherrscht werden können.
Anzeigeninstrumente
In den 60er und 70er Jahren wurde an der Humboldt-Universität zu Berlin vorrangig die ergonomische Gestaltung von Kontrollinstrumenten und Messwarten in der chemischen Industrie und in Kraftwerken erforscht. Gemeinsam mit Herstellern von Anzeigeinstrumenten wurden Untersuchungen zur Wahrnehmbarkeit verschiedener Instrumententypen durchgeführt. Die Ergebnisse hatten nachhaltigen Einfluss auf die Gestaltung der Instrumente. Anzeigen und Bedienelemente in Kraftwerken konnten nach wissenschaftlichen Kriterien optimiert werden.
Untersuchungen im Betriebsteil Berlin des Geräte- und Regler-Werkes Teltow wurden mit dem Ziel durchgeführt, einen Beitrag zur Gestaltung von Messwänden und Steuerpulten auf Zentralwarten im Sinne eines möglichst optimalen Informationsaustausches zw. dem Menschen und der automatisch arbeiten Anlage zu liefern. (Wolf, 1966)
Die rechte Abbildung zeigt eine Dezimalskala, die mit 100 multipliziert werden muss, wie in der linken oberen Ecke vermerkt ist, um das tatsächliche Durchlaufvolumen pro Stunde zu erhalten. Dass Zehnerwerte leichter ablesbar sind, liegt auf der Hand. Auf der linken Abbildung sind Skalen für den gleiche Messzweck und -bereich zusammengestellt. Unterschiedliche Ausführungen der Gradation lassen erkennen, dass sich der Hersteller der Aufgabe entzogen hat, die am besten ablesbare Form zu ermitteln. (Siebenbrot, 1966) |
Untersuchung zur Gestaltung von
Bedienungselementen. Eine Herausforderung stellt die Gestaltung von Kontroll- und Überwachungseinrichtungen (Messwarten, Dispatcherzentralen) dar. Als Versuchsanordnung wurde ein Wahl-Reaktions-Gerät verwendet. Auf dem Display wurde eine zufällige Folge gleichwahrscheinlicher diskreter Signale angeboten. Aufgabe der Versuchsperson war es, jeweils nach Erscheinen eines Signals mit dem zugehörigen Bedienungselement das Signal zu löschen. Jeder Lampe war ein Bedienungselement zugeordnet. (Seeber, 1966) |
Verkehrstechnik
Ein weiterer großer Anwendungsbereich war die Verkehrstechnik:
Unter anderem ging es Ende der 70er Jahre um den heute wieder sehr aktuellen "Grünen Pfeil" und um die Gestaltung einer Verkehrsleitzentrale für Ost-Berlin. Dabei war eine spezielle Frage, ob man den ca. sechs Meter hohen Stadtplan etwa um 30° aus der Vertikalen kippen könnte, um mit der vorgesehenen Raumhöhe auszukommen, ohne dass es Probleme mit der Orientierung gibt. Das linke Bild gibt die originale Orientierung des Stadtplans wieder, während das rechte nach links gekippt wurde. Untersuchungen zur mentalen Rotation von Straßenkarten zeigten, dass Personen, die einige Zeit mit dem rotierten Plan trainiert hatten, jede Position so schnell und sicher bestimmen konnten, wie es beim nicht-rotierten Originalplan der Fall war. |